Mit den weltweit lancierten Impfkampagnen stellt sich die Frage, ob Fluggesellschaften nur noch geimpfte Personen befördern werden. Erste Fluggesellschaften haben dies bereits angekündigt. Uneinigkeit herrscht auch darüber, ob eine Pflicht für einen Testnachweis über das Coronavirus SARS-CoV-2 eingeführt werden soll. Immer mehr Flughäfen stellen Testmöglichkeiten vor Ort bereit, wie etwa der EuroAirport und der Flughafen Zürich. Diese Themen werden in der Flug- und Reisebranche sowie bei den Gesundheitsbehörden unterschiedlich beurteilt. Was ist der aktuelle Stand dieser Diskussionen in der Schweiz? Wir haben uns Mitte Januar umgehört bei den Flughäfen in Basel und Zürich, der SWISS, easyJet und dem Bundesamt für Gesundheit.
Aus Sicht des Direktors des EuroAirports, Matthias Suhr, darf grundsätzlich jede Fluggesellschaft eigene Bedingungen für den Transport von Passagieren erlassen: «Die Passagiere sind aber ebenso frei, sowohl ihre Reise als auch die Fluggesellschaft auszusuchen. Diese Wahlmöglichkeit leitet sich aus der Vertragsfreiheit ab. Inwieweit ein durch eine Fluggesellschaft festgelegtes Impfobligatorium für ihre Mitarbeitenden und Reisenden rechtlich zulässig ist, ist nach den uns vorliegenden Informationen aber nicht vollumfänglich geklärt.» Und weiter: «Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Fluggesellschaften in dieser Frage nicht ganz frei sind. So ist es möglich, dass künftig die Einreiseländer eine Corona-Impfung als obligatorisch erklären. Eine solche staatliche Anordnung hat letztendlich Auswirkungen auf die Airline, welche das entsprechende Land anfliegen will.» Matthias Suhr hält zudem fest, dass wir bereits vor Corona in zahlreiche Länder reisten und uns gegen verschiedene Krankheiten wie Malaria, Gelbfieber oder Hepatitis impfen liessen. Diese Impfungen seien zwar nicht überall vorgeschrieben. Trotzdem würden sich praktisch alle Reisenden impfen. Und weiter: «Ganz offensichtlich sind die Reisenden davon überzeugt, dass eine Impfung Sinn macht, um sich gegen diese Krankheiten zu schützen. Die Impfung war und ist ein Teil der Reisetätigkeit. Das wird auch für das Corona-Virus gelten.»
Testmöglichkeiten an den Flughäfen Basel und Zürich
Seit letztem August werden am EuroAirport Basel obligatorische COVID-Tests für Einreisende aus Risikoländern auf Weisung der französischen Behörden durchgeführt. Ausgenommen von diesen Tests sind Einreisende in die Schweiz mit Schweizer Pass oder mit Schweizer Aufenthaltsbewilligung. Laut Suhr haben sich diese Tests bewährt: «Ein negatives Testergebnis entbindet die Passagiere davon, sich in Quarantäne zu begeben. Zudem erhalten die Passagiere Sicherheit darüber, ob sie zum Zeitpunkt der Einreise infiziert sind.» Laut Suhr führten die französischen Behörden zuerst PCR-Tests durch, bis diese am 19. November 2020 durch Antigen-Schnelltests abgelöst wurden. Diese Tests würden Passagiere erlauben, innerhalb von maximal 30 Minuten das Ergebnis zu erhalten. 99 Prozent der getesteten Passagiere hätten ein negatives Ergebnis erhalten und mussten sich somit nicht in Quarantäne begeben.
Aus Sicht von Manuela Staub, Head Corporate Communications des Flughafens Zürich, ist es sinnvoll, einen Impf- oder Testnachweis für Flugreisen zu verlangen, solange viele Länder hohe Fallzahlen haben. Und weiter: «Wenn damit Reiserestriktionen oder Quarantäneregeln aufgehoben werden können und damit ein planbarer internationaler Reiseverkehr wieder stattfinden kann, begrüssen wir dies sehr. Wichtig ist jedoch, dass die Massnahmen international harmonisiert sind und laufend eine Risikoabwägung gemacht wird, so dass Zusatzauflagen auch zeitnah wieder aufgehoben werden.» Zum Thema obligatorischer Impfausweis sagt Manuela Staub: «Wir erachten es als wichtig, dass man keine Impfflicht einführt, sondern dass Flugreisende alternativ auch weiterhin einen negativen Corona-Test vorweisen dürfen.» Auch am Flughafen Zürich gibt es die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Seit dem 7. Januar dieses Jahres umfasst das Testangebot auch einen PCR-Test, der per Speichelprobe und nicht mit einem nasalen Abstrich erhoben wird. Im Vergleich zu anderen PCR-Tests (24-48h) bekommt man das Testresultat bereits nach rund fünf Stunden. Das neue Testangebot sei vor allem für abfliegende Reisende nützlich, deren Zieldestinationen einen PCR -Test verlangen würden.
Laut dem BAG ist negatives Testresultat nur eine Momentaufnahme
Laut Katrin Holenstein, Leiterin Sektion Kommunikation des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) kann der Nachweis eines negativen Testresultates gegebenenfalls das Risiko einer Ansteckung während eines Fluges reduzieren. Jedoch: «Ein negatives Testresultat (Antigen-Schnelltest wie auch PCR) ist nur eine Momentaufnahme. Ein negativ getesteter Passagier kann in kurzer Zeit ansteckend werden (v.a. relevant bei Langstreckenflügen).» Punkto Impfausweis bestehen laut Katrin Holenstein noch diverse offene Fragen. So wisse man zum Beispiel noch nicht, ob die COVID-Impfung auch eine Übertragung des Coronavirus verhindere. Die Frage nach der Beförderung nur mit Impfausweis sei deshalb noch verfrüht.
SWISS und easyJet planen aktuell keine Einführung einer Impfpflicht
Laut Michael Stief, Mediensprecher der Swiss International Air Lines, ist ein verbindlicher Impfnachweis für die Fluggäste aktuell bei Swiss kein Thema: «Für eine allfällige Einführung eines obligatorischen Impfpasses liegt die Verantwortung bei den einzelnen Regierungen. Es braucht länderübergreifende Regelungen, um einen geordneten Reiseverkehr zu ermöglichen.»
Auch die Fluggesellschaft easyJet (Deutschland, Österreich, Schweiz) verfolgt laut den Aussagen der Medienstelle keine Pläne, von Kunden eine Impfung oder einen Impfausweis zu verlangen. Aus Sicht des Unternehmens sollte ein obligatorischer Impfausweis keine Voraussetzung sein, um reisen zu können. Die grossflächige Impfstoffverteilung sollte laut easyJet aber dazu führen, dass die derzeit geltenden Massnahmen für Flugreisen angepasst beziehungsweise aufgehoben werden. Bezüglich der Testzentren an Flughäfen ist es für easyJet wichtig, dass die Kunden Zugang zu günstigen und bequemen Testmöglichkeiten erhalten, sei es am Flughafen oder in der Nähe des eigenen Zuhauses.
Quarantänebestimmungen für Geimpfte ebenfalls unklar
Natürlich stellt sich auch die Frage, welche Regeln in der Schweiz und in den Nachbarländern zu Quarantänepflichten für Geimpfte, die aus einem Risikogebiet zurück- bzw. einreisen, gelten. Diese Frage stellt sich insbesondere für die Frühlings- und Sommerferien, da dann sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte reisen wollen. Laut Katrin Holenstein, Kommunikationsleiterin des BAG, ist es auch für diesen Entscheid noch zu früh: «Zuerst muss näher geklärt und nachgewiesen sein, dass die Impfung eine Erkrankung verhindert – aber auch die Übertragung des Virus, also die Weiterverbreitung. Ob die Impfung verhindern kann, dass Geimpfte das Virus weitergeben können oder nicht, ist zentral.»
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