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«Ich hoffe, dass Linienflüge bis spätestens 2030 mit solarem Kerosin angetrieben werden.»

Interview mit Dr. Philipp Furler, Chief Technology Officer von Synhelion



Wie beschreiben Sie das grundsätzliche Potential von solarem Kerosin für die Luftfahrt?


Die Luftfahrt braucht saubere flüssige Treibstoffe, um ihre CO2-Emissionen zeitnah zu senken. Der grosse Vorteil an unserem solaren Kerosin ist, dass es fossiles Kerosin ohne infrastrukturelle Veränderungen direkt ersetzen kann. Dass dieses Prinzip grosses Potenzial aufweist, hat die Luftfahrtindustrie bereits erkannt. So bekunden der Flughafen Zürich und Airlines wie die Swiss, Lufthansa und Edelweiss grosses Interesse. Theoretisch könnte man mit unserer Technologie die 50-fache Menge des weltweiten Kerosinbedarfs produzieren. Das Potenzial ist also sehr gross, natürlich braucht es für den Bau der Produktionsanlagen aber auch grosse Investitionen.



Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile des Sun-to-Liquid und des Power-to-Liquid Verfahren?


Beide Verfahren haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Bei Power-to-Liquid Verfahren liegt die Herausforderung in der Verfügbarkeit von günstigem und erneuerbaren Strom als Bandenergie. Dies ist nur an ganz wenigen Standorten der Fall. Es ist technisch möglich, an fast allen Orten zu produzieren, jedoch nicht wirtschaftlich. Bei Sun-to-Liquid Verfahren haben wir die gleiche Herausforderung: technisch können wir fast überall produzieren, jedoch nicht an allen Standorten wirtschaftlich. Geeignet sind Orte mit vielen Sonnenstunden, tiefen Landpreisen und attraktive Finanzierungsbedingungen.


Neben den Unterschieden bei der Standortwahl, hat das Sun-to-Liquid Verfahren ein höheres Effizienzpotential, da Sonnenenergie sehr direkt in wenigen Prozessschritten in Treibstoffe umgewandelt wird, was langfristig tiefere Produktionskosten ermöglicht als z.B. bei Power-to-Liquid Verfahren.



Was sind die grössten Herausforderungen, um das von Ihnen vorangetriebene Sun-to-Liquid Verfahren wettbewerbsfähig zu machen?


Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass das Sun-to-Liquid Verfahren skalierbar ist. Die Anlagen von Labor-Massstab auf industrielle Grösse zu skalieren ist einfach eine technische Herausforderung. Es sind genügend Flächen mit grosser Sonneneinstrahlung vorhanden und die produzierten Treibstoffe weisen eine sehr hohe Energiedichte auf. Sie können daher mittels bestehender Verteilinfrastruktur (z.B. Pipelines oder Tanker) transportiert werden – analog zur heutigen Situation mit Erdöl, das auch über lange Distanzen zum Verbraucher transportiert wird. Die Konkurrenz mit fossilen Treibstoffen ist im Moment vor allem daher hart, da die Kosten wie Umweltschäden nicht im Erdölpreis berücksichtigt sind. Unsere Berechnungen zeigen, dass wir mit unseren solaren Treibstoffen, die 50 Prozent weniger CO2 ausstossen und die wir bis 2024 auf dem Markt bringen wollen, bereits sehr nahe an den Preis von fossilen Treibstoffen herankommen werden.



Welche politischen Rahmenbedingungen und Anreize müssen geschaffen werden, um die Entwicklung zu beschleunigen?


Idealerweise sollten verschiedene Technologien zur Herstellung von synthetischen Treibstoffen gefördert werden – auch wenn sie noch unterschiedlich ausgereift sind. So kann sichergestellt werden, dass sich am Schluss die wirtschaftlichsten und ökologischsten Technologien durchsetzen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass kurzfristig Fixpreisgarantien und langfristig Abnahmequoten besonders hilfreich für die Etablierung von neuen Technologien sind. Solche Abnahmequoten können am Anfang klein sein, würden aber trotzdem für die nötige Investitionssicherheit zur Finanzierung erster Anlagen reichen. Mit der Zeit können die Quoten erhöht und die Preise gesenkt werden.



Welcher konkrete Beitrag könnte die Schweizer Politik dazu leisten?


Die Schweizer Politik könnte mit gutem Beispiel vorangehen und die entsprechenden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, um einen raschen Umstieg von fossilen zu synthetischen Treibstoffen zu erreichen. Zum Beispiel eben mit den genannten Abnahmequoten.



Ihre offizielle Vision lautet: «We turn CO2 into fuel. And move the world toward net zero.» Das ist ein hoch gestecktes Ziel: Was sind die nächsten konkreten Schritte, um dieser Vision näher zu kommen?


Wir führen aktuell verschiedene Testkampagnen durch. In den nächsten zwei Jahren möchten wir unsere erste eigene Testanlage und bis 2024 unsere erste kommerzielle Anlage bauen. Dies sind zentrale Schritte, um Wirtschaft und Politik von unserer Technologie zu überzeugen. Wir möchten der Flugindustrie und anderen von flüssigen Treibstoffen abhängigen Industrien eine effiziente, wirtschaftliche und unbedingt auch zeitnahe Lösung zur CO2-Reduktion bieten.



Erlauben Sie uns einen Blick in Ihre persönliche Glaskugel: Wann verreisen Sie das erste Mal mit einen regulären Linienflug, der mit solarem Kerosin angetrieben wird?


Ich hoffe, dass dies bis spätestens 2030 der Fall sein wird.




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