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«Ich erwarte, dass die Behörden die am Boden liegende Luftfahrt unterstützen»

Alliance GloBâle Interview mit Matthias Suhr, CEO EuroAirport


Wie hat sich die Rolle des Flughafens seit dem Lock down verändert?

Der Flughafen war stets für alle Verkehrsarten offen. Derzeit finden vorwiegend Frachtflüge statt. Da registrierten wir sogar eine Zunahme. Unter anderem auch, weil wir Flüge übernommen haben, die wegen COVID andernorts nicht mehr abgewickelt werden konnten. Passagierflüge hingegen finden zurzeit nur ganz wenige statt (Budapest wird regelmässig angeflogen), aber die Airlines sind bereits wieder am Planen der Wiederaufnahme ihres Flugbetriebs.

Wie beurteilen Sie aus EuroAirport-Perspektive die Massnahmen der Regierungen der Schweiz und Frankreichs?

Zu Beginn haben Frankreich und die Schweiz unterschiedlich auf die Krise reagiert. Das ergab etwa bei der wiedereingeführten Grenzkontrolle erhöhten Koordinationsbedarf und erforderte viel Augenmass. Aber ansonsten arbeiten die Gesundheitsbehörden beider Länder eng zusammen und auch die Kurzarbeit wird sehr ähnlich gehandhabt.

Es gibt dennoch unterschiedliche Verhaltensanweisungen. Wie setzt der EuroAirport das um?

Auch für den EuroAirport hat der Gesundheitsaspekt höchste Priorität. Auf dem Flughafen ist beispielsweise das Tragen von Schutzmasken obligatorisch, nach Anweisung der französischen Behörden, denn wir befinden uns auf französischem Boden. Was natürlich auch im Sinne der Schweizer Behörden ist, die das Maskentragen zumindest empfehlen.

Wie sieht die wirtschaftliche Situation des EuroAirport und Ihrer wichtigsten Partner momentan aus?

Der Flughafen verfügt noch über genügend finanzielle Mittel. Die Verluste jetzt zu beziffern wäre aber ein Blick in die Kristallkugel. Noch kann niemand voraussagen, wie sich die Luftfahrtbranche entwickeln wird. Mindestens ebenso wichtig für einen funktionierenden Flugbetrieb sind die für das Gesamtsystem relevanten Partner. Vor allem für Partner mit finanziellen Schwierigkeiten müssen kurzfristige Lösungen gefunden werden. Partner aus dem Industriesektor sind ebenfalls von der Krise betroffen und reagieren mit einschneidenden Sparmassnahmen.


Wie beurteilen Sie den Schaden, den die Krise für die Luftfahrt anrichten wird?

Die gegenwärtige Krise wird sicherlich eine weitere Bereinigung des Airline-Marktes nach sich ziehen. Luftfahrtunternehmen, die bereits vor der Krise in einer schlechten finanziellen Verfassung waren, leiden heute sehr stark. So hat die Lufthansa bereits entschieden, dass die Germanwings nicht mehr abheben wird. Ich gehe aber davon aus, dass unsere grösste Airline auf Platz, die EasyJet Switzerland, die Krise überstehen wird. Die Liquidität konnte sie, wie die Muttergesellschaft in England bekannt gab, bereits soweit erhöhen, dass sie bis Ende Jahr auch ohne Einnahmen überleben wird.


Welche Massnahmen haben Sie getroffen, um die Liquidität des Flughafens sicherzustellen?

Auch wir nutzen das von den beiden Staaten zur Verfügung gestellte Instrument der Kurzarbeit. Das hilft die Kosten zu reduzieren und die Liquidität zu sichern. Neben der Reduktion der Personalkosten ist die Aufschiebung aller nicht dringlichen Investitionen eine der wichtigsten Massnahmen, um eine ausreichende Liquidität sicherzustellen.


Wie wird sich die Situation des Flughafens aus Ihrer Warte in den nächsten Monaten entwickeln? Wann werden die Bewegungen beim Passagierverkehr wieder auf dem Niveau vor der Corona-Krise sein?

Wir gehen davon aus, dass der Luftverkehr am EuroAirport für längere Zeit nicht mehr das gleiche Volumen wie vor der Krise erreichen wird. Die Wiederaufnahme des Reiseverkehrs hängt einerseits davon ab, wann die Grenzen für den Reiseverkehr wieder geöffnet werden. Andererseits wird entscheidend sein, wie schnell die Passagiere das Vertrauen wieder zurückerlangen. Wir gehen davon aus, dass zuerst regionale Destinationen bzw. im Fall von Frankreich nationale Flughäfen wieder angeflogen werden. Ferner wird wohl der Besucherverkehr, d.h. der Besuch von Verwandten und Bekannten, anziehen. In gewissem Ausmass dann auch der Geschäftsreiseverkehr.

Was wünschen Sie sich von den politischen Entscheidungsträgern?

Für unser Binnenland, das jeden zweiten Franken im Ausland verdient, das von jedem dritten Tourist per Flugzeug bereist wird und das wertmässig gut die Hälfte der Importe einfliegt, ist eine optimale internationale Anbindung unabdingbar. Die Luftfahrt ist durch die Corona-Krise besonders hart betroffen, sind doch offene Grenzen entscheidend für einen funktionierenden Luftverkehr. Ich erwarte deshalb, dass die politischen Entscheidungsträger die derzeit am Boden liegende Luftfahrt im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt. Jene Unternehmen, die für das Luftfahrtsystem relevant sind und auch nach der Krise wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können, sollen von den staatlichen Unterstützungspaketen profitieren können.

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