Im April 2024 wurde der Flughafen Basel-Mulhouse als erster Flughafen Frankreichs für das sogenannte ECRA-Verfahren (European Connected Regional Airports) zertifiziert. Das Verfahren erlaubt es, in Echtzeit Daten und den aktuellen Stand der Flugbewegungen mit der europäischen Flugsicherung Eurocontrol auszutauschen. Wir haben mit Nicola Luongo, Leiter Flug- und Vorfeldbetrieb des EuroAirports, über den Nutzen dieses Verfahrens gesprochen. Im Gespräch wird deutlich, dass die Einführung dieses Verfahrens die Bodenoperationen und den Verkehrsfluss von Flugzeugen erheblich optimiert hat. Der enge Austausch von Echtzeitdaten mit Eurocontrol ermöglicht eine präzisere Flugplanung und verbessert die Pünktlichkeit. Auch easyJet hebt die positiven Auswirkungen des Verfahrens auf den Flugverkehr und die Umwelt hervor.
Das Airport Operations Management (AOM) ist die Leitstelle des Betriebs. Hier werden Probleme und Unregelmässigkeiten in Echtzeit erfasst, Entscheidungen über mehrere Abteilungen hinweg getroffen und ein effizienter und möglichst reibungsloser Betrieb aufrechterhalten.
In wenigen Worten: Was versteht man unter dem ECRA-Verfahren?
Die Abkürzung ECRA bedeutet European Connected Regional Airports. Es geht darum, dass nicht nur grosse Flughäfen, sondern auch kleinere, regionale Airports in die Flugverkehrsorganisation miteingebunden werden. Das Verfahren erlaubt es, in Echtzeit Daten und den aktuellen Stand der Flugbewegungen mit Eurocontrol auszutauschen. Dies wiederum erlaubt eine bessere Planung des Flugverkehrs.
Wie genau verbessert nun das ECRA-Verfahren die Bodenoperationen und den Verkehrsfluss von Flugzeugen auf der Flughafenplattform?
Die aktuelle Situation in der Luft und am Ziel- oder Herkunftsflughafen können einen Einfluss auf die Abflugzeit am EuroAirport haben. Dank ECRA können wir all diese Informationen in der Planung berücksichtigen. Damit erhalten einerseits die Passagiere verlässlichere Angaben, und andererseits rollen die Flugzeuge nicht vom Standplatz weg, um dann auf dem Taxiway mit laufenden Triebwerken unnötig warten zu müssen. Zusätzlich erlaubt uns die gute Zusammenarbeit mit Eurocontrol eine bessere Bearbeitung der Slots. Wenn eine Fluggesellschaft einen sehr schlechten Slot hat und Stunden warten muss, können wir zusammen mit Eurocontrol an der Verbesserung des Slots arbeiten.
Was war die grösste Herausforderung bei der Einführung dieses Verfahrens?
Die grösste Herausforderung war es zu Beginn, die wichtigsten Partner von der Zusammenarbeit zu überzeugen. Dies ist uns gut gelungen. Als Flughafenbetreiber haben wir in diesem Projekt eng mit den Airlines, der Luftverkehrskontrolle (ATC) und den Bodenabfertigungsdienstleister zusammengearbeitet.
Wie profitieren die Passagiere von den verbesserten Bodenoperationen und dem optimierten Verkehrsfluss?
Die Transparenz der Verkehrssituation erlaubt uns, früher im Tag den Flugbetrieb verlässlich zu planen. Wenn es zu grossen Verspätungen oder sogar Annullationen kommen sollte, dann können wir die Fluggesellschaften und deren Passagiere früher informieren. Das bedeutet zum Beispiel, dass Passagiere erst dann an Bord gelassen werden, wenn das Flugzeug auch tatsächlich zeitnah abfliegen kann.
Inwiefern kommt es dank des neuen Verfahren zu weniger Verspätungen?
Da wir rascher Zugang zu mehr Flugdaten haben, können wir besser planen und allfällige Probleme früher erkennen. Die Flugvorbereitung ist verbessert, die Prozesse am Boden können besser vorbereitet werden, was zu Zeitgewinnen führt. Die Flugzeuge, welche gemäss Plan operieren, haben Vorrang gegenüber Flugzeugen, welche verspätet oder aber auch zu früh sind. Früher hat die Verspätung eines Fluges den Abflug der nachfolgenden Flüge verspätet. Nun können wir die pünktlichen Flugzeuge vorziehen und rechtzeitig abfliegen lassen, während wir zusammen mit Eurocontrol eine Lösung für die verspäteten Flugzeuge suchen.
Was erhofft man sich damit in Bezug auf die Einhaltung des Nachtflugverbotes?
Es kommt immer wieder vor, dass Fluggesellschaften Bewilligungen einholen, um später landen zu dürfen.
Es kann dann passieren, dass eine Airline die vereinbarte Landezeit nicht einhält und ein paar Minuten zu spät anfliegt. In diesem Fall darf das Flugzeug nicht mehr landen und wird an einen anderen Flughafen wie zum Beispiel Lyon umgeleitet. Solche Situationen wollen und müssen wir unbedingt vermeiden. Dank ECRA zeichnen sich solche Verspätungen früher ab, so dass man zusammen mit der Fluggesellschaft allenfalls entscheiden kann, den Flug nicht mehr durchzuführen.
MIRROR erlaubt es, auf einen Blick sämtliche Flugrotationen des Tages eines Flugzeuges zu sehen, welches auch an einem bestimmten Zeitpunkt am EuroAirport landen wird. Hat ein Flugzeug irgendwo in Europa eine Verspätung erhalten, kann dies mit diesem Hilfsmittel eingesehen werden.
Wie denkt easyJet über das ECRA-Verfahren?
Wir unterstützten diesen Schritt, der eine bessere Integration der Flüge in Europa ermöglicht. Die Vorteile dieser Integration sind:
Bessere Vorhersehbarkeit des Verkehrsaufkommens.
Bessere Integration der Flugpläne.
Bessere Berücksichtigung von Sondersituationen (z.B. verspätetes Flugzeug am Boden).
Höhere Genauigkeit der Ankunftszeit am Zielort.
All diese Vorteile ermöglichen ein besseres Verkehrsmanagement, um mögliche Verspätungen genauer vorhersagen zu können. Sie sind für die Verbesserung der Pünktlichkeit unerlässlich, aber auch sehr wichtig, um die Umweltauswirkungen des Luftverkehrs in Europa durch einen effizienteren Verkehrsfluss zu verringern.
Die Integration, Messung und Schätzung der Zeiten für jeden Schritt eines Fluges sind entscheidend, um die Pünktlichkeit des Luftverkehrs insgesamt bestmöglich zu steuern. Die Verkehrsdichte in Europa (vor allem im Hochsommer) ist so hoch, dass diese Verfahren zur Gewährleistung von Sicherheit und Pünktlichkeit heute unverzichtbar sind.
Leider kommt die Einführung des Single European Sky, der eine deutliche Optimierung der Flugrouten ermöglichen sollte (eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 10 bis 15 % ist möglich), nicht voran. Dieses Ziel wird seit mehr als 20 Jahren diskutiert, stösst jedoch auf zahlreiche politische Hindernisse. easyJet arbeitet intensiv daran, das Konzept des einheitlichen Luftraums voranzutreiben, das für die Erreichung der Umweltziele bis 2050 unerlässlich sein wird.
Das Hilfsmittel TOOL verbindet die Daten von verschiedenen Quellen in Echtzeit und zeigt sie auf einem Bildschirm an. Dies ermöglicht es, jederzeit ein Gesamtbild über die Flugsituation zu haben.
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