Die Region Basel ist der führende Logistikstandort der Schweiz. Dabei spielt der EuroAirport, der zusammen mit seinen Partnern in der Logistikkette alle Bedürfnisse der Luftfracht abdeckt, eine zentrale Rolle. Wir haben uns mit wichtigen Playern über die Rolle des EuroAirports als Logistikdrehscheibe unterhalten und darüber, was es braucht, dass der Flughafen weiterhin ein attraktiver Transporthub bleibt.
Der EuroAirport ist der einzige binationale Flughafen der Welt, der auf die Bedürfnisse einer trinationalen Region ausgerichtet ist. Somit können Güter für die Schweiz sowie den EU-Raum importiert und exportiert werden. Entscheidend dabei ist die unmittelbare Nähe der Autobahnen A2 und A3 in der Schweiz, A35 in Frankreich und A5 in Deutschland, damit die Güter schnell und zuverlässig vom Flughafen zu den Kunden beziehungsweise vom Verkäufer zum Flughafen gelangen. Der Frachtbereich General Cargo hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Im 2021 wurde das Wachstum von 93,940 Tonnen auf 119,318 Tonnen vor allem durch die Express-Dienste (DHL, Fedex, UPS) und den Export von Life Science-Gütern erzielt. Die Express-Dienstleister haben ihre Frequenzen stetig erhöht. Im planmässigen Frachtdienst haben besonders Qatar Airways mit vier Frachter pro Woche und Turkish Airlines mit zwei Frachter pro Woche zum Wachstum der Fracht beigetragen.
Grosses Plus sind die kurzen Wege und die schlanken Abfertigungsprozesse
Laut Matthias Suhr, Direktor des EuroAirports, zeichnet sich der EuroAirport dadurch aus, dass er eine auf seine Kunden orientierte Infrastruktur anbieten kann: «Der 2015 eröffnete zu 100% temperaturkontrollierte Cargo-Terminal ist speziell auf die Bedürfnisse unserer Pharmakunden ausgelegt. Nebst den kurzen Wegen sowie den schlanken Abfertigungsprozessen erfüllt der Flughafen über die wichtigen Qualitätsstandards der massgebenden internationalen Organisationen.» Der EuroAirport investiert laut Suhr auch weiterhin in die Attraktivität des Flughafens als Logistikdrehscheibe: «In Anbetracht der steigenden Energiekosten und um die CO2-Emissionen zu reduzieren, investieren wir in infrastrukturelle Massnahmen wie neue Isolationen. Aber auch weitere Dienstleistungen sind in Vorbereitung wie zum Beispiel die von Kunden gewünschte Infrastruktur für die Lagerung von Produkten bei tiefen Temperaturen.» Damit der EuroAirport als binationaler Flughafen weiterhin eine attraktive Logistikdrehscheibe bleibt, ist laut Suhr eine enge Abstimmung zwischen der Schweiz und Frankreich zwingend: «Es gilt jene Balance zu finden, welche reibungslose Dienstleistungen unter der Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigkeit ermöglichen. Diese Balance ist eine Daueraufgabe beider Staaten und wir hoffen, dass uns diese auch weiterhin gelingt.»
Pharmafirmen setzen auf den EuroAirport als Hauptumschlagszentrale
Laut Andreas Behnke, Stationsleiter von Swissport Basel, arbeitet Swissport mit Spediteuren und Fluggesellschaften Hand in Hand, um möglichst kurze Umschlagszeiten zu garantieren: «Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Waren in Kühlketten, wie zum Beispiel Medikamente oder Vakzine. Zusammen mit den Logistikunternehmen stellen wir mit unserem Swissport Pharma Centre im Cargobereich des Flughafens sicher, dass die Integrität der Güter während des Aufenthalts am EuroAirport intakt bleibt.» Und weiter: «Es gibt kaum einen Flughafen, an dem innerhalb von 90 Sekunden die Fracht vom geschützten temperaturkontrollierten Lager in ein Frachtflugzeug verladen werden kann. Deshalb setzen viele Pharmafirmen auf den EuroAirport als Hauptumschlagszentrale.»
Lamprecht Pharma Logistics AG ist eines der Unternehmen in der Region, das auf Logistik- und Servicedienstleistungen für weltweit agierende Pharma- und Life Sciences Unternehmen spezialisiert ist. Laut Gian Alessi, Managing Director der Lamprecht Pharma Logistics AG, spielt der EuroAirport als Logistikdrehscheibe insbesondere für die Pharmabranche eine zentrale Rolle: «Die grosse Bedeutung der Pharmalogistik auf dem EuroAirport zeigt etwa der transportierte Wert der Waren, der bei rund 1400 Franken pro Kilo liegt. Dieser entspricht etwa 150-mal dem Wert, welcher über die Strasse transportiert wird.»
Fachkräftemangel und der Ukraine-Krieg als zusätzliche Herausforderungen
Das Luftfrachtgeschäft, das laut Gian Alessi, immer schon sehr volatil war, ist seit der Pandemie nochmals komplexer geworden. Und weiter: «Der Fachkräftemangel und der Ukraine-Krieg bringen zusätzliche Herausforderungen mit sich. Aus diesem Grund kommt neben der idealen Infrastruktur auch der Verlässlichkeit eine enorme Bedeutung zu.» Laut Gian Alessi ist eine hochstehende Infrastruktur, die kontinuierlich ausgebaut wird, von zentraler Bedeutung. Dazu zähle zum Beispiel die für nächstes Jahr geplante Kühlzelle, die es erlaube, den Pharmakunden neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Eine entscheidende Rolle spielen laut Alessi auch die Öffnungszeiten aller Akteure - also von den Abfertigungsagenten über den Zoll bis zum Flughafen sowie ein breites Angebot an Fluggesellschaften, die über entsprechende Frequenzen und Kapazitäten verfügen. Aus Sicht von Gian Alessi ist der binationale Charakter des EuroAirports eine grosse Stärke, die weiter gepflegt werden soll: «Alle in der Region profitieren am Schluss von einem starken Flughafen.» Daher sei es auch wichtig, dass die Luftfahrt nicht weiter mit zusätzlichen Restriktionen oder Verboten belegt werde: «Ich bin davon überzeugt, dass die Flugbranche ihre Nachhaltigkeitsziele mit neuen Technologien erreichen kann, wenn alle Akteure in diese Richtung Investitionen tätigen.»
DHL Express Schweiz, die Teil des weltgrössten Logistikkonzerns Deutsche Post DHL ist, beschäftigt in der Schweiz rund 1400 Mitarbeitende. Im Einsatz für den EuroAirport sind rund 300 Angestellte. DHL Express Schweiz bietet am EuroAirport die Abfertigung von Geschäfts- und Privatkundensendungen aus dem Ausland für die Feinverteilung in der Schweiz sowie die Abfertigung von Export-Sendungen an Destinationen weltweit an. Dazu gehören auch die zentralisierten Einfuhr- und Ausfuhrverzollungen aller DHL Express Sendungen der Schweiz im 24 Stunden-Betrieb.
Immer mehr Menschen bestellen Waren online direkt vom Produzenten
Das Geschäft der DHL Express Schweiz ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Während der Pandemie hat sich dieses Wachstum laut Christophe Dupertuis, Head Operations DHL Express Schweiz, deutlich beschleunigt: «Dies hat vor allem mit dem allgemeinen Trend zu tun, dass sich das Business-to-Business Geschäft kontinuierlich zu einem Business-to-Consumer Geschäft wandelt. Immer mehr Menschen bestellen Waren online direkt vom Produzenten und lassen es sich von uns nach Hause transportieren.» Eine andere Entwicklung, die der Express-Logistik in jüngster Zeit ebenfalls einen Auftrieb verschafft, sind laut Olivier Lang, Head of Network, Aviation, Security bei DHL Express Schweiz, die weltweiten Probleme bei den Lieferketten: «Wenn die gewohnten Lieferketten nicht mehr funktionieren, dann weichen viele Firmen auf die Expresslogistik aus. Dies ist zwar mit mehr Kosten verbunden, dafür ist die Ware aber rascher vor Ort.»
Laut Olivier Lang sind die Betriebszeiten eines Flughafens für das Express-Geschäft von zentraler Bedeutung: «Die heute geltenden Betriebszeiten des EuroAirports von 5 bis 23 Uhr erlauben es uns, die Bedürfnisse unserer Kunden auch tatsächlich zu befriedigen. Wenn man die Betriebszeiten einschränken würde, dann hätte dies einen umgehenden Einfluss auf die Nachfrage und würde die Rolle des EuroAirports als Logistikdrehscheibe schwächen. Dies könnte dann etwa bedeuten, dass Kunden auf andere Flughäfen ausweichen oder ihre Ware über die Strasse und das Wasser transportieren.»
Ein anderer wichtiger Faktor ist laut Olivier Lang ein genügend grosses Angebot an Stellplätzen für Flugzeuge: «Aktuell werden am EuroAirport alle Stellplätze benutzt. Wir würden uns daher sehr wünschen, dass der Flughafen die Anzahl Stellplätze ausbaut und entsprechend investiert.» Von grosser Bedeutung ist laut DHL Express Schweiz die Planungssicherheit, die ein Flughafen gewähren kann. Diesbezüglich stelle man immer wieder fest, dass die Binationalität und die damit verbundene grosse Anzahl verschiedenster Stakeholder gewisse Prozesse im Vergleich zu den Flughäfen Zürich und Genf komplexer mache. Dies habe bei gewissen Themen einen negativen Einfluss auf die Planungssicherheit, welche für die weitere Entwicklung des Geschäftes von grosser Bedeutung sei.
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